„Priesterberuf ohne Seelsorge ist nicht sinnvoll“

Interview mit dem scheidenden Pfarrer Joseph Vattathara
   

Ende August verlässt Pater Dr. Joseph Vattathara die Pfarreiengemeinschaft Pinkofen-Unterlaichling nach 19 Jahren. Im Interview spricht der Geistliche über seine Zeit in Deutschland, die jetzt ebenfalls zu Ende geht. Er freut sich auf mehr innere Ruhe und Zeit für sich selbst. Ihm sei es immer wichtig gewesen, Menschen zu begleiten, die in Not waren, oder ihnen ein bisschen Freude zu schenken.

   
Nach so vielen Jahren in Deutschland wird die Rückkehr nach Indien eine große Umstellung sein. Worauf freuen Sie sich am meisten? Was macht Ihnen Sorgen bzw. was erwartet Sie dort?

Pater Joseph Vattathara: Ich freue mich auf mehr innere Ruhe und Zeit für mich selbst. Meine größte Sorge gilt vor allem der Umstellung des Klimas. Meine Zukunft ist ganz offen, bisher gibt es noch keine weiteren Pläne, aber darüber mache ich mir keine Sorgen.

   
Was war in den vergangenen 19 Jahren besonders prägend für Sie und welche Projekte wurden in dieser Zeit umgesetzt?

Vattathara: Nach meinem Studium in Moral-Theologie in Rom und der Ausbildung für psychologische Beratung durch Logotherapie in Paderborn und München sollte ich zufällig die Pfarrei Groß Schönbrunn in der Oberpfalz übernehmen. Dort bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ein Priesterberuf ohne Seelsorge nicht sinnvoll ist. So bin ich seit dem Jahr 2003 in der Pfarreiengemeinschaft Pinkofen-Unterlaichling und durfte diese Seelsorge mit Leib und Seele erleben. Mein Ziel war es immer, eine Pfarreiengemeinschaft zu bilden, wo Menschen sich umeinander kümmern und wo die Not und die Sorge der Menschen in Nah und Fern nicht vergessen wird. Außerdem sollte nach meiner Überzeugung der Pfarrer nur einer von dieser Gemeinschaft sein. Hierbei haben wir, die engagierten Pfarrangehörigen und ich so viele Projekte geplant, realisiert und unterstützt. Mir persönlich war immer wichtig, Menschen zu begleiten, die in Not waren oder ihnen ein bisschen Freude zu schenken, zum Beispiel bei den Geburtstagsbesuchen, Ehejubiläen oder Sterbefällen. Mit einem erfüllten Seelsorge-Erlebnis beende ich meinen Dienst hier in der Pfarreiengemeinschaft.

   
Gibt es Dinge, wo Sie sich gewünscht hätten, mehr zu bewegen?

Vattathara: Gerne hätte ich gesehen, dass die Pfarreiengemeinschaft auch außerhalb der sechs Dörfer wie eine Gemeinschaft zusammenwachsen könnte. Vor allem mache ich mir große Sorgen, das Pfarrleben nach der Corona-Pandemie wieder in Gang zu setzen.

   
Würden Sie Ihrem Nachfolger empfehlen, mehr Kontakte zu Kindern und Jugendlichen herzustellen?

Vattathara: Ich habe Kontakt zu den Kindern vor allem während der Vorbereitung auf die heilige Erstkommunion gehabt. Es war mir immer eine große Freude mit ihnen die Schülergottesdienste in der Unterdeggenbacher Kirche zu feiern. Die Kinder waren bereit, ein christliches Leben zu führen. Es tut mir weh, zu erfahren, dass viele Kinder nach dem Tag der Erstkommunion nicht mehr den Gottesdienst mit uns mitgefeiert haben. Die sinkende Anzahl der Ministranten ist kein gutes Zeichen für eine Pfarreiengemeinschaft. Genauso ist es mit der Jugendarbeit. Ich weiß nicht, wohin mein Nachfolger gehen soll, um mehr Jugendliche zu finden. Solange der Pfarrer keinen Zugang zur Schule hat, wird keine weitere Jugendarbeit möglich sein. Eigentlich gehören Kinder und Jugendliche an die Basis einer Kirchengemeinde, aber dafür braucht auch der Pfarrer Unterstützung von den Eltern und Erziehungsberechtigten.

   
Wäre es Ihrer Meinung nach nicht vorteilhaft gewesen, an der Schule Religionsunterricht zu erteilen, um die Kinder besser kennenzulernen?

Vattathara: Ich habe anfangs immer wieder nachgefragt, ob es möglich sei, Religionsunterricht in der dritten Klasse zu erteilen. Ich erhielt aber weder von der Schule noch von der Diözese einen Auftrag dazu.

   
Liegt Ihnen noch etwas auf dem Herzen, was Sie für die Kirchengemeinde gerne loswerden möchten?

Vattathara: Ich verlasse die Pfarreiengemeinschaft voll Dankbarkeit an viele Menschen, die versucht haben, gemeinsam mit mir eine Pfarrfamilie aufzubauen. Viele unserer geschätzten Pfarreimitglieder sind zu ihrer ewigen Heimat zurückgekehrt. Viele ihrer Namen kommen mir in den Sinn und ich bin sicher, die Erinnerung an diese Menschen wird mir immer erhalten bleiben. Allein die Tatsache, dass ich hier 19 Jahre war, sagt alles, was in meinen Herzen über diese Gemeinschaft spricht.

   

Das Interview führte Marianne Schmid.

   
   


<<  ZURÜCK  << Text: Marianne Schmid // Laber−Zeitung >>  STARTSEITE  <<