Um nicht vergessen zu werden

450 Jahre alte Erinnerungen in der Pfarrkirche in Unterlaichling
   

Nach dem Tod nicht gleich vergessen zu werden, scheint eine Ursehnsucht der Menschheit zu sein. Viele Wege dorthin werden beansprucht: Stiftungen gründen und damit den Namen der Nachwelt erhalten, großzügige Schenkungen innerhalb und außerhalb der Familie oder schriftliche Memoiren zu veröffentlichen, Bleibendes in Gestalt von Gebäuden oder Weichenstellungen zu hinterlassen. Für andere kann das Böse nicht böse genug sein, und sie stacheln Kriege an, die ihnen ein Platz in den Geschichtsbüchern sichern sollen. Die gängigste Gestalt der Erinnerung sind aber Steine und Monumente, meist Grabsteine, oft schon zu Lebzeiten errichtet, um je nach Größe die Wichtigkeit der Person oder den Reichtum der Familie zu dokumentieren.

   

Unterlaichling hatte schon im Jahre 814 eine Kirche. Das aktuelle Gotteshaus wurde 1680 erbaut und 1904 erweitert. Es beherbergt Epitaphien und Grabplatten, die zum Teil rund 450 Jahre alt sind.

   

In der Pfarrkirche Unterlaichling sind Erinnerungstafeln (Epitaphien) und Grabplatten zu bestaunen, die zum Teil rund 450 Jahre alt sind. Sie gehen zurück auf die Zeit, als die kunstsinnige Münchner Familie „Schrenk von Notzing“ als Truchseß von Eggmühl gut 200 Jahre lang das Pfleggericht Eggmühl verantwortete. Die jeweiligen „Pfleger“ verkörperten die damalige untere Ebene der bayerischen Verwaltungseinrichtungen, und sie übten als „Richter“ die zivile Verwaltung, Polizei- und strafrechtliche Gewalt, sowie die militärische Leitung aus.

Dass verschiedene Orte rund um Schierling über die Jahrhunderte hinweg wesentlich mehr Bedeutung hatten als der heutige Hauptort der Gemeinde, gilt besonders für Eggmühl, Zaitzkofen und auch Unterlaichling. Sie tauchen immer wieder in Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Verantwortlichkeiten und wichtiger Persönlichkeiten auf. Dabei nehmen die „Truchsesse“ über die Jahrhundert hinweg eine bedeutende Stellung ein. Sie gehörten zu den vier Haupthofämtern, die sich im 12. Jahrhundert am Hof des Königs, wie auch an den Höfen der meisten Fürsten im deutschsprachigen Raum, herauskristallisiert hatten: Truchseß, Mundschenk, Marschall und Kämmerer.

   

In Unterlaichling sind im Altarraum Epitaphien angebracht.

   

Am bayerischen Herzogshof waren diese Ämter seit Heinrich dem Löwen (1142-1180 als Herzog von Sachsen, 1156-1180 als Herzog von Bayern) vollzählig vorhanden. Wegen ihrer Nähe zum Herrscher spielten die Inhaber der Hofämter im Hochmittelalter eine zentrale Rolle. Im 13. Jahrhundert verloren Truchsessen- und Schenkenamt an Bedeutung und entwickelten sich zu reinen Titularämtern.

Pfarrer Joseph Schnirle hat sich vor gut einhundert Jahren als Geschichtsschreiber und Chronist hervorgetan. Akribisch beleuchtete er vor allem im „Sulzbacher Kalender für katholische Christen“ die Geschichte vieler Orte in seiner heimatlichen Umgebung und gibt den „Truchsessen von Eggmühl“ viel Raum. Er bezieht sich auf die von Ferdinand Janner stammende Geschichte der Bischöfe von Regensburg, um ein Beispiel zu nennen. In Band II heißt es dort: „In Gegenwart des Bischofes (Leo 1262-1277) und unter seinem Siegel verpfändete der domkapitelsche Vogt Ulrich Truchseß von Eckmühl seine Einkünfte zu Ubenkofen (Upfkofen) für die richtige und vollständige Bezahlung der 80 Pfund, welche er den Dominikanern zu ihrem Kirchenbau geschenkt, 10. Mai 1273.“

   

Auf der linken Steintafel wird an Bartholme Schrenkh von Notzing erinnert.

   

Aus einer im Archiv des Regensburger St. Katharinenspitals verwahrten Urkunde lässt sich ebenfalls ableiten, dass die „Truchsesse von Eggmühl“ enge Verflechtungen nach Regensburg und Umgebung hatten. In dem Dokument vom 1. Juli 1289 bestätigt der Bischof, dass Ulrich und Heinrich, die Truchsessen von Eggmühl (Ekkenmuel), ihr Lehensgut Werdhof unterhalb der Burg von Wörth dem St. Katharinenspital für 90 Pfund Regensburger Pfennige verkauft haben, mit dem Recht zum Rückkauf.

   

Das Wappen des Bartholme Schrenkh von Notzing auf der linken Steintafel.

   

Auch der Münchner Heimatforscher Ludwig Gernhardt hat vor einhundert Jahren dazu geforscht und herausgefunden, dass Heinrich Truchseß von Eggmühl um 1320 in „Niederlaichling“ Güter besaß. Ihren Hof verkauften sie am 29. April 1321 an den Regensburger Domdekan Ulrich von Au und den Domherrn Eberhard von Chappeller. Schließlich hat Gernhardt herausgefunden, dass Unterdeggenbach zum ersten Mal am 12. März 1325 in einer Urkunde vorkommt, in der es heißt, dass Heinrich der Truchseß von Eggmühl auf die jährliche Auflage von einem Pfund Pfeffer auf den Zehnt zu „Anderndekkenpach“ verzichtet, die sein Vater Ulrich widerrechtlich auf den Zehnt geschlagen hat. Auch die „Truchsesse von Eggmühl“ hatten es also weit gebracht in ihrem Leben. Und das verdient Erinnerung, die mit Respekt verbunden sein soll.

Das heutige Laichlinger Gotteshaus birgt solche wertvollen Erinnerungen an die Zeit, als sich der Ministerialadel erhob, der bis dorthin in untergeordneter Stellung den Dienst bei seinen Herren versah. Schnirle schreibt: „Zu diesem niederen Adel zählten auch die ersten Besitzer des Schlosses Eggmühl, die uns in der Geschichte begegnen: die Truchsesse von Eggmühl. Wie andernorts die Stifte und Klöster, wussten auch diese Familien, die oft zu großem Ansehen und Besitz gelangt waren, sich die niedere Gerichtsbarkeit anzueignen, wodurch Hofmarksrechte, Patrimonialgerichte entstanden“, schreibt der Pfarrer-Chronist. Eggmühl war also bis 1403 Patrimonialgericht, als gutsherrschaftliches Gericht, für das in Bayern auch der Begriff „Hofmark“ verwendet wurde.

   

Über dem Eingang zur Sakristei ist Karl Alexander Schrenkh von Notzing ein Denkmal gewidmet.

   

Von 1403 bis 1803 bestand in Eggmühl ein herzoglich bzw. kurfürstlich bayerisches Pfleggericht. Oft hatte ein Familie mehrere Pfleggerichtsämter in verschiedenen Teilen des Landes inne. Dies trifft auch auf die Truchsesse von Eggmühl zu, die sich auch Truchsesse von Heilsberg nannten, weil sie dort, etwa 200 Meter südöstlich des Ortsteils Pangerlhof der Gemeinde Wiesent, Mitte des 12. Jahrhunderts eine Burg erbaut hatten.

   

Das Wappen des Karl Alexander Schrenkh auf der Steintafel über dem Eingang zur Sakristei.

   

Schnirle dokumentiert auch erstaunliche Vorkommnisse und Verflechtungen: So machte der Vogt Ulrich II. Truchseß von Eggmühl zuerst eine großzügige Schenkung für den Bau der Regensburger Dominikanerkirche, um gleich danach exkommuniziert zu werden. Denn als Vogt des Domkapitels drückt er zu gleicher Zeit die Domleute zu Elendheim, Sappenhausen, Illkofen und Kiefenholz, wie es sein Vater 1221 getan hatte. „Nicht selten rauften sich diese Adeligen unter sich selbst“, weiß Schnirle weiter. Im Jahre 1286 hatten der Sattelbogener und der Truchseß von Eckmühl über den Paulsdorfer gesiegt und darüber entstand ein Zwist zwischen den beiden Herzögen Bayerns, welcher Sengen und Brennen besondes bei Schwaben aber auch anderwärts zur Folge hatte, bis endlich der deutsche König sie versöhnte, so der Chronist.

   

Die Inschrift auf der Tafel des Karl Alexander Schrenkh von Notzing.

   

Die Zeit der „Schrenkh, Bürger zu München“ beginnt am 20. November 1505, als Herzog Albrecht dem Wilhelm Münchauer und Bartholomäus Schrenkh als Vormünder der Kinder des verstorbenen Virgil Hofer das Schloss und die Pflege Eggmühl „mitsamt Gericht, Kasten und Tafern, wie alles Herzog Ludwig erwarb und sein Sohn Jörg besaß“. Die Schrenkhs glänzten fortan durch Sitftungen für die Kirche Eggmühl. Sie ließen neue Altäre machen mit kunstvollen Gemälden. Fast einhundert Jahre war die kunstsinnige Familie Schrenkh Pfleger von Eggmühl und der 1479 geborene Kaspar nannte sich auch als erster „Schrenkh von Eggmühl“. Daneben war er auch noch „Herr von Notzing“ und er war Lehenprobst zu München.

   

Auf der rechten Seite der Tafel des Karl Alexander Schrenkh von Notzing ist ein Engel mit halbem Körper.

   

Die beiden Epitaphien in der Laichlinger Pfarrkirche sind kunstvoll gestaltet und rechts sowie links im Altarraum angebracht. Der linke, nördliche Stein gleicht dem Typ eines Renaissance-Altärchens, schreibt Schnirle. Die dramatische Hauptdarstellung ist etwa die siebte Station des Kreuzweges. Zu sehen sind Soldaten in deutscher Landsknechtstracht und höhnende Pharisäer. Erinnert wird an den 1576 verstorbenen Bartholme Schrenkh von Notzing und an seine 1535 verstorbene erste Ehefrau Felicitas Diktlin.

Das über dem Sakristeieingang angebrachte Bild zeigt im Mittelteil Christus am Kreuz mit dem davor betend knienden Pflegrichter in voller Rüstung mit Schwert. Die Inschrift lautet: „Karl Alexander Schrenkh von Notzing zu Prandstetten Fürstl. Durchlaucht in Bayern Hauptmann und Pfleger zu Eggmüll starb den 27. Novemb. 1609. (...) Euphrosina ein geborne Pärtin sein andere Hausfrau starb starb den 18. Sept. 1616, bei welcher er 18 Kinder erzogen und 10 lebendige nach seinem Absterben hinterlassen, denen Gott und uns allen eine fröhliche Auferstehung verleihe.“

   

Grabplatte in Unterlaichling.

   

Ein drittes kunstvolles Epitaph in der Friedhofskapelle ist ebenso wie die beiden anderen aus Solnhofener Marmor gefertigt. Die eigentlichen Grabsteine sind alle in rotem Trientiner oder Unterburger Marmor ausgeführt und wohl schon seit 1680 sorgfältig in die Mauern eingelassen – gedacht zur ewigen Erinnerung, einer Ursehnsucht der Menschheit.

   

Grabplatte für Pfarrer Georgius Pistorius.

   

Truchseß war ursprünglich ein Hofamt in der mittelalterlichen Hofgesellschaft für den obersten Aufseher über die fürstliche Tafel. Manche Orte rundherum hatten in der Vergangenheit eine wesentlich größere Bedeutung als der heutige Hauptort Schierling. Aus Unterlaichling wird bereits im 814 von einer Kirche berichtet. Dieses stellte die

Quellen
Pfarrer Joseph Schnirle, ein am 3. Februar 1860 in Pfaffenberg geborener Priester, war von 1898 bis 1908 Pfarrer von Unterlaichling und Eggmühl. Er hat sich einen Namen gemacht als Seelsorger, Heimatforscher und Poet. Ab 1908 hat er viele Ortsgeschichten und Pfarrchroniken verfasst, die in verschiedenen Publikationen veröffentlicht wurden. Schnirle hat sich auch mit der Geschichte der ehemaligen Hofmark Zaitzkofen, dem Schloß, der Hofmark und der Schlacht bei Eggmühl sowie der Geschichte der Pfarrei Unterlaichling befasst. Seine Arbeiten sind heute noch eine wichtige Fundgrube für alle an der Heimatgeschichte interessierten Personen. Er ist am 1. Dezember 1936 in Pfaffenberg gestorben. Viele seiner Beiträge sind in dem Werk „Um den Familientisch“ abgedruckt, das im Jahre 1980 von der Arbeitsgemeinschaft Naherholung mittleres Labertal herausgebracht wurde.

   
   


<<  ZURÜCK  << Text und Fotos: Fritz Wallner // Laber−Zeitung >>  STARTSEITE  <<